Warum wegfahren, wenn man doch eigentlich ankommen will?

Mal ehrlich, es gehört doch mittlerweile zum guten Ton reisen zu gehen, oder nicht?!

Ich kenne viele Menschen, die immer wieder, vor allem auch Fernreisen unternehmen. Es reicht eben nicht mehr Mallorca All-Inclusive oder 14 Tage Ostsee. Umso abenteuerlicher, umso besser. Mit dem Rucksack durch Vietnam oder eine Fahrradtour durch Thailand hat heute ja fast jeder schon gemacht.

Doch immer wieder frage ich mich – warum?

Die meisten kennen ihren Nachbarort nicht, müssen aber vor dem Studienabschluss schon die ganze Welt gesehen haben.

Meiner Meinung nach ist das Reisen vom Coolness-Faktor zum Selbsthilfetrip mutiert. Gerade meine Generation wurde doch recht statusorientiert und wirtschaftsbewusst erzogen. Was hierbei fehlt ist der Faktor Zufriedenheit. Klar leben wir alle im Wohlstand, aber leben wir auch in Zufriedenheit. Nein, wir gönnen doch nicht mal unseren Freunden die Butter auf dem Brot! (Ja, die Aussage ist drastisch, aber hab ich Recht oder nicht?)

Also, zurück zur Frage – warum reisen wir? Und warum an diese Orte?

Reisen bedeutet doch in erster Linie – Ausbrechen! Reisen erweitert unsere Sichtweisen, unseren Horizont. Reisen erzeugt neue Impulse. Reisen erzeugt Fernweh oder Heimweh. Reisen zeigt uns (Deutschen) wie gut es uns geht. Auf Reisen können wir den Nadelstreifen ablegen und barfuß laufen. Wir können wir sein. Wir verbringen die Zeit ausschließlich mit Menschen, mit denen wir gerne Zeit verbringen möchten.

Andere Ländere, andere Sitten! Wir wollen über den Tellerrand hinausschauen, wir wollen uns der Kultur anpassen, wir wollen ein Teil des Landes und der Bevölkerung sein. Wir geben uns größte Mühe ein paar Brocken der Landessprache zu sprechen und fühlen uns gleichzeitig so wohl anonym zu sein.

Die Sonne scheint heller, der Wind bläst kräftiger, die Vögel zwitschern schöner und die Menschen sind freundlicher – das ist Reisen!

Reisen heißt aber auch – nahezu keine Verpflichtungen für einen begrenzten Zeitraum. Keine Arbeit, kein Hausputz, keine Rechnungen, keine lästigen Nachbarn und und und.

Man kann nur hoffen, dass einem jede Reise, jedes Land, welches man kennenlernen durfte, ein bisschen geistig reifen lässt.

Immer wieder habe ich die Hoffnung, mit einem Blitzgedanken zurückzukehren. Dieser Blitzgedanken sollte eine Idee, ein Anstoß, ein Gedanke sein, was und wie und eventuell mit wem ich Geld verdienen kann und gleichzeitig Spaß daran habe – jeden Tag! Denn ist es nicht das, was wir wollen?! Suchen wir nicht alle nach der Leidenschaft mit Wohlstand. Denn ist es am Ende nicht doch Die Arbeit, die sich Nicht als solche anfühlt, und die wir in erster Linie für uns erbringen, der Schlüssel zur Zufriedenheit?

Zu diesem sehnlichen Wunsch kommt man natürlich nur, wenn man mit dem was man vor und nach dem Reisen tut, nicht zufrieden ist, soweit klar! An diesem Punkt, muss jeder selbst in sich reinhören.

Richtig, auch ich oder besser wir haben das Reisen für uns entdeckt. Durch unseren Hund sind wir auf den Bulli gekommen und fahren nun seit 5 Jahren durch Europa. Danke Bodo! Und ja, bis heute ist es das Schicksal, was von einem zum anderen führte und auch weiterhin führen wird.

Hat mich das Reisen verändert? Ja! Bin ich angekommen? Nein!

Veränderungen bedeuten für mich Fortschritt, jede Reise bringt Veränderungen mit sich. Bevor ich an der Stelle aber zu romantisch werde, muss man aber auch klar und ehrlich sagen, dass nicht jeder Tag, nicht jeder Ort und nicht jedes Reiseerlebnis vor Positivität strotzt. Ich zum Beispiel muss jeden Tag aufs neue lernen, dass Reisen im Camper nichts für meinen ausgeprägten Perfektionismus ist. Und das ist auch gut so! Manchmal müssen wir ganz weit back to basic, z.B. in den Sanitäranlagen auf Campingplätzen.

Aber auch Lebensstile, Umgang mit Hygiene, Umgang mit Menschen, Tiere etc. Immer wieder muss man sein eigenes Denken hinterfragen. Wer legt eigentlich fest was richtig und was falsch ist?

Noch mal zurück zur Frage – Warum reisen wir?

Ich glaube reisen hält nicht nur den Geist fit, sondern auch den Körper. Wir müssen uns auf ein anderes Klima, anderes Wasser, andere Lebensmittel, andere Luft einstellen. Der Drang nach Abenteuer und die Neugierde alles Neue kennenzulernen, lässt unsere Schrittzähler glühen. Ein Strandspaziergang machen wir im Urlaub bei Wind und Wetter. Die geplante Wandertour wird in jedem Fall durchgezogen und ganz am Ende des Tages strotzen wir vor der Zufriedenheit des Seins. Ist es nicht immer so, dass im Urlaub plötzlich jegliche Beschwerden und Schmerzen schwinden?! Ohja, reisen ist gesund.

Ich schaue zu gerne in alte Fotoalben, ich erzähle zu gerne von Urlaubsstories, ich gebe zu gerne Tipps für Reisende, ich liebe es kleine Videos und Bücher von unseren Reisen zu machen. ICH LIEBE ES ZU REISEN!

Warum?

Auf Reisen sind wir frei, wir bestimmen die Richtung, die Entfernung, die Aussichten! Auf Reisen gibt es diese besonderen Momente – die Momente, die einem in einen meditativen Zustand versetzen. Dieser einzigartige Moment, wo der Kopf ausnahmsweise mal leer erscheint. Eine zufriedene Leere. Einfach nur lächelnd, glücklich genießt.

Und genau an dieser Stelle, kann ich mir meine Frage: „Macht Dauerreisen dauerhaft glücklich?“ selbst beantworten. Nein! Denn diese Momente sind keine Routine, diese Momente sind kein Alltag. Diese Dinge sieht man nur, wenn sie etwas besonderes sind und bleiben!

Es ist nicht wichtig ständig zu reisen oder immer unterwegs zu sein. Viel wichtiger ist es, diese Momente und die dafür benötigte Zeit unterwegs zuzulassen! – Notiz an mich selbst.

Reisen heißt auch nicht, mehr als 2 Tage im Ausland zu verbringen. Reisen kann auch vor der Haustür stattfinden. Am Ende liegt doch die Zufriedenheit nicht auf dem nächsten Kontinent, sondern oftmals ganz nah.

Warum reisen wir?

Weil das Leben eine Reise ist. Eine Reise zu sich selbst. Hör nicht damit auf!

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